Denkzeichen für Georg Elser

2-stufiger Wettbewerb / Auswahl_Konzept

Das vorgegebene Standortareal, zwar historischer Ort der NS-Machtzentrale, die visuelle Referenz allerdings durch die städtebaulichen Maßnahmen der DDR gelöscht, lässt eine ortspezifische Anknüpfung in den Entwurfsüberlegungen für ein 'Denkzeichen Georg Elser' nicht zu. Nach den Fotos der Ausschreibung, räumlich eingezwängt zwischen dominanten baulichen und infrastrukturellen Unabänderlichkeiten, die unweigerlich einen missverständlichen historischen Kontext erzeugen, muss sich das Kunstwerk, um den richtigen Bezug herzustellen, durch Abgrenzung gegen das Ambiente behaupten.
Insofern wurde ein Konzept für das 'Denkzeichen' entwickelt, das auf das Medium Schrift und konstruktiv auf eine architekturale Form aus Beton fokussiert, die aus einem Kubus auf einer flachen Welle besteht. Dient diese der Erschließung und macht das Kunstwerk begehbar, sodass das ins Innere verlegte Andenken an Georg Elser, das eine an die Wand geschriebene Dokumentation ermöglicht, von BesucherInnen als lesende PassantInnen vollzogen werden kann, ist an der Außenseite des 'Denkzeichens' sein Name Aufmerksamkeit generierende Aufschrift, wenn nicht Botschaft.

Georg Elser, sein Name als markante Inschrift in das stadträumliche Kontinuum der Wilhelmstraße gesetzt, tritt aus dessen zeichensprachlicher Disparität in klarer grafischer Gestaltung weißer Versalien auf kontrast- reicher dunkelgrauer Fläche hervor und gibt sich Fußgängern wie Autofahrern zu lesen. Als Träger des so in die Stadt eingeschriebenen Namens dient der parallel zur Straße ausgerichtete, zunächst als Wand anmutende, an seinen Schmalseiten offene Betonkubus, der sich, durch das gewölbte weiße Betonband in die Schwebe gebracht, erschließt. Die so über das Gehsteigniveau herausgehobene Betonzelle - durchaus als räumlicher Verweis auf Elsers Verurteilung zum Tod und Gefängnisaufenthalt in Berlin zu lesen - fungiert inmitten großstädtischer Betriebsamkeit als kontemplativer Raum, in dem, an die Wand geschrieben, eine zu erarbeitende kontextuelle Dokumentation Leben und Schicksal Georg Elsers wie den Bezug zum Standort des 'Denkzeichens' zu lesen gibt.
Strukturell eröffnet das Kunstwerk einer von einer Welle getragenen Raumhülle eine doppelte Differenz, indem es seine BesucherInnen aus dem sinnlich überfrachteten Stadtraum im konkreten wie übertragenen Sinn auf eine andere Ebene holt, wo Raum für Lektüre und Kontemplation gegeben wird; lärmberuhigt und abgedunkelt, ist im 'Denkzeichen' Rezeption möglich, kann sich Reflexion ereignen. Der performative Über- und Durchgang, in dem Schrift als Bedingung der Möglichkeit von Erkenntnis den passagären LeserInnen offen steht, entlässt diese als andere. © 2010 mtl